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Das Imperium schlägt zurück

Schampus muss Schampus bleiben!
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Champagner hat es nicht leicht. Die Konkurrenz aus Deutschland wird immer besser. Deshalb geht Champagner zum Gegenangriff über und lädt den Sommelier-Nachwuchs zu sich ein. Unser Weintester (und Sommelier) Serhat Aktas berichtet von seinem Besuch bei Gosset.
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Deutscher Sekt macht Druck. Die Qualität steigt und die ehrgeizigen neuen Kellermeister kommen den Kollegen drüben in der Champagne bereits gefährlich nahe. Wie zum Beispiel der gebürtige Elsässer Mathieu Kauffmann im Deidesheimer Weingut Reichsrat von Buhl. Er kam direkt von Bollinger in die Pfalz.

Oder Niko Brandner, der blutjunge Betriebsleiter im 2013 gegründeten Sekthaus Griesel & Compagnie in Bensheim/ Hessische Bergstraße.

Der Captain hat was von dort verkostet und ist begeistert:

Aber kommen wir zum Thema. Neulich sagte ein Champagnerforscher (ja, das gibt es!) in der FAZ diesen Satz über die historischen Marketingstrategien der berühmten Sprudelhäuser:

„Damals wie heute gilt, dass man eigentlich keine Werbung für sich macht. Es gibt zwar mittlerweile die vereinzelte Champagnerwerbung, aber vom Prinzip her geht es immer noch darum, gute PR zu machen, indem man Geschichten wie Mein Wein wird vom Prince of Wales getrunken verbreitet und den Rest der Mundpropaganda überlässt.“

Ich glaube, der Mann hat ziemlich recht.

Champagner ist in aller Munde. Und dafür sorgt jeder Betrieb auf seine Weise. Hier ist ein Bericht über meinen kleinen Fortbildungsbesuch bei Gosset.

Ich weiß nicht, ob es Zufall oder Schicksal war, aber Gosset ist sowohl der erste Champagner, den ich mit 16 getrunken habe und das erste Champagnerhaus, das ich besuchen durfte.

Gosset gehört zwar nicht zu den berühmtesten Häusern der Champagne aber die Marke genießt hohes Ansehen in Sommelier-Kreisen.

Die feine Gosset-Perlage ist für Augen und Gaumen ein Genuss. In der Nase immer reintönig, offen und ehrlich. Beerige, zitrige und hefige Aromen sorgen für Komplexität: Stachelbeere und Erdbeere, Granny Smith-Apfel, Mandarinenzeste, Birne, Brioche. Im Mund voluminös und fordernd. Cremig, perfekte Balance und breiter Körper. Pfirsich, Quitte, Brombeere, Rosinen, Wal- und Haselnüsse. Das ist Gosset.

Lest hier meine Verkostungsberichte:

Gosset ist immer spritzig. Wie kommt es aber dazu, dass selbst gereifte Champagner noch so frisch und elegant schmecken?

Nun, das liegt daran, dass die feinen Tropfen in der Flasche auf der Hefe reifen. Nach der zweiten Gärung, die in der Buddel stattfindet, sterben die Hefen ab, sobald der Champagner keinen Zucker mehr zum Vergären hat. Danach beginnt die Hefelagerung.

Bei den Einstiegsqualitäten in der Champagne sind mindestens 12 Monate und bei den Jahrgangschampagnern mindestens drei Jahre Hefelager vorgeschrieben. So bekommen diese sprudelnden Köstlichkeiten ihren typischen Charakter und bleiben frisch. Gosset lässt seinen einfachen Champagner Brut Excellence drei Jahre auf der Hefe lagern. Die Jahrgangschampagner wie Grande Millésime Brut noch viel länger.

Was Gosset bewusst vermeidet, ist der biologische Säureabbau (BSA), bei dem die kräftige Äpfelsäure in milde Milchsäure umgewandelt wird. Bis auf die Einstiegsserie Excellence, dürfen die Produkte von Gosset ihre Äpfelsäure behalten, damit es schön kribbelt.

Es heißt, über 90% aller Champagnerhäuser wenden die BSA an, damit die Weine feiner, runder und harmonischer werden. Nur Gosset und ein paar andere Rebellen ziehen da nicht mit.

Gosset ist gut. Ja, das schreibe ich ganz bewusst, auch wenn ein paar kritische Geister jetzt sagen: Kein Wunder, dass der so jubelt. Wurde ja schließlich auf eine Champagner-Sause eingeladen…

Völlig richtig. Gosset hat mich und ein paar andere Sommelier-Kollegen zu einem kurzen Bildungsurlaub in die Champagne eingeladen. Flug, Übernachtung, Speisen und Getränke inbegriffen. Die haben sich echt Mühe gegeben. Und ich weiß auch warum. Damit wir uns ein Bild machen. Und wenn uns dieses Bild gefällt, ihren Champagner auch weiterempfehlen. Reisen bildet. Und bindet.

„Champagner ist die Versinnbildlichung von Vergnügen, Macht und Status“, sagt Champagnerforscher Harding. Die AOC Champagne (Appellation d’Origine Contrôlée) ist die mit Abstand mächtigste, und bestgeschützte Ursprungsbezeichnung der Welt. Die Weine mit den feinen Perlen dürfen nur im gleichnamigen Gebiet produziert werden.

Die Franzosen waren sehr clever, als sie bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts Name und Produkte des Weinanbaugebietes Champagne markenrechtlich schützten. Aus gutem Grund. Seit den 1860er-Jahren war es zu immer mehr Fälschungen gekommen. Das heißt, auf irgendwelchen Schaumweinen stand „Champagner“ Das war nicht gut fürs Geschäft.

Für einen Sommelier ist das Thema Champagner natürlich wichtig. Er ist ein Getränk, das zu vielem passt. Vor dem Dinner als Appetitanreger, Essensbegleiter oder einfach nur zum Genießen. Champagner kann man immer einschenken. Und danach eine hübsche Rechnung schreiben.

Vom Flughafen in Paris ging es per Bus zu unserem Hotel in Reims. Wir waren junge Sommeliers aus Bayern, Württemberg, Rheinland-Pfalz und Berlin.

Ein Familienweingut im kleinen Dorf Chigny-les-Roses war unsere erste Station. Es beliefert Gosset mit Trauben. Eines muss man nämlich wissen: Kaum ein Champagner-Haus besitzt genügend Weinberge, um seinen Bedarf zu stillen.

Man sagte uns, ein Hektar Weinberg in der Champagne koste etwa zwei Millionen Euro. Selbst die ganz großen Namen wie Moët & Chandon mit ihren 35 Millionen Flaschen pro Jahr, wollen deshalb keine Zukäufe tätigen. Darum arbeitet man mit den Winzern und Weinbauern zusammen. Manche dieser Geschäftsbeziehungen halten schon seit mehreren Generationen. Gosset lässt sich von über 200 Winzern beliefern.

Zum Bildungs- und Wohlfühlprogramm gehörte auch ein Besuch im Weinberg. Wir stapften also los und durften von den Trauben unserer Gastgeber kosten.

Weit schweifte mein Blick über die sanften Hügel der Champagne und ich fragte mich, wozu all die Rosen am Rande der Parzellen gepflanzt wurden. Hier spaziert ja kaum ein Mensch vorbei. Und ich lernte dazu: Diese Rosen sind in der Champagne sehr wichtig. Sie haben eine Warnfunktion. Da die hübschen Blumen empfindlicher sind als viele andere Pflanzen, sterben sie bei Schädlingsbefall schneller ab. Spätestens dann müssen die Winzer reagieren und Gegenmaßnahmen ergreifen, um ihre Ernte zu retten.

Mit einer Million Flaschen im Jahr gehört Gosset zu den mittelgroßen Häusern der Champagne. Wie fast überall sind die Hauptrebsorten Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier (Schwarzriesling).

Insgesamt sind in der Appellation 7 Rebsorten zugelassen: Arbane, Petit Meslier, Pinot Gris und Pinot Blanc sind die anderen vier, die nicht mal ein Prozent der Gesamtrebfläche belegen. Einen Schampus mit allen 7 Sorten findet man außerhalb der Champagne nur äußerst selten. Deshalb habe ich mir in Reims gleich zwei Flasche davon gekauft. Eine liegt noch bei mir im Weinkühlschrank.

Als wir am nächsten Morgen im Champagner-Haus Gosset in der Gemeinde Aÿ bei Éparnay eintrafen, wurden wir von Jean-Pierre Cointreau empfangen. Natürlich mit Champagner, um den Kreislauf anzuregen. Monsieur Cointreau leitet das Haus seit 2007.

Des Rappers teure Rache

Champagner ist mein Überlebens-Elixir!

Ein Hoch auf die alten Zeiten!

Danach ging es in den fast zwei Kilometer langen Keller mit Wänden aus Kreide. Respekt, dachte ich mir.

Millionen von Flaschen liegen hier. Teilweise sehr lange gereifte Schätze. Viel älter als ich es bin und vermutlich je sein werde. Unter der Stadt Epernay verlaufen Keller mit über 100 Kilometern Gesamtlänge.

Ich konnte es mir nicht verkneifen und ich fragte Monsieur Jean-Pierre Cointreau, warum er auf die BSA verzichtet. Die Antwort kam genauso souverän wie unspektakulär: „Wir möchten so wenig wie möglich an unseren Weinen ändern. Somit bewahren wir die Identität des Terroirs, also die Herkunft, und die natürliche Frische.“

Wollen Sie in der Zukunft Gosset vergrößern?

„Nein, wenn wir größer werden, fürchten wir die Kontrolle und den Überblick zu verlieren. So wie es gerade läuft, sind wir überaus zufrieden.“

Größer, schneller, reicher – die Prinzipien der modernen Marktwirtschaft scheinen hier nicht so wichtig zu sein. Das wirkt sympathisch.

Zum Abschluss der Verkostung verschiedener Jahrgänge, öffnete eine Dame von Gosset extra für uns die Prestige-Cuvée aus der teuren Celebris-Serie, Jahrgang 2004. Es ist der Vorzeige-Champagner von Gosset. Als Kellermeister Odilon de Varine das sah, staunte er sehr. Denn dieser Jahrgang war noch gar nicht für den Markt freigegeben worden. Wir fühlten uns sehr geschmeichelt. Ich nehme an, genau so war das auch geplant worden.

 

Datum: 28.12.2017
 

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